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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 390 mal aufgerufen
 Historisches Mittelalter
Gerhard von Greifenclau ( gelöscht )
Beiträge:

07.09.2008 19:19
RE: Mittelalterliche Belagerungsmaschinen Antworten

Bei der Belagerung von Kenilworth Castle setzte König Heinrich III. von England 1266 eine neue Waffe ein, die wegen ihrer Zerstörungskraft zum Schrecken des Mittelalters wurde: das Gegengewichts-Wurfgeschütz, im Fachjargon "Blide" genannt.

Ihre enormer Wurfweite und hohe Treffergenauigkeit ermöglichte es Angreifern, Festungen aus sicherer entfernung zu beschießen, ohne sich dem Pfeilhagel der gegnerischen Bogenschützen aussetzen zu müssen.

Im Jahre 2000 wurde am Ufer des Loch Ness diese Hightech-Waffe aus dem Mittelalter getestet. Diese Blide verschoss 125 Kilo Sandsteinkugeln, die mit ungefähr 200 km/h (lt. Messung mit der Radarpistole) genau an der vorgesehenen Stelle einschlugen und dabei Mauern von einem meter Dicke mühelos durchbrachen. Diese Präzision erreichten Pulverkanonen erst ein halbes Jahrtausend später.

Weitere Infos:
Nachbau einer Blide (interessanter Bericht)
http://www.blide-burg-lichtenberg.nickolai.de/

Trickfilm "Wysburg 2007" über die Zerstörung einer Festung
http://www.youtube.com/watch?v=lmnj7yjkma8&feature=related

G. v. Greifenclau

Bruno von Merseburg Offline



Beiträge: 1.554

07.09.2008 20:21
#2 RE: Mittelalterliche Belagerungsmaschinen Antworten

Sehr interessant, aber dennoch habe noch eine Frage. Wenn es dieses Kampfgerät schon im Mittelalter gab,wogen diese Steine dann auch 125 Kg? Meines erachtens wäre es ja ganz schön viel gewesen zur damaligen Zeit. Ich meine wie wurden diese Dinger dann transportiert?

Hier kommt ihr zu meinem Blog

Gerhard von Greifenclau ( gelöscht )
Beiträge:

08.09.2008 20:23
#3 RE: Mittelalterliche Belagerungsmaschinen Antworten

Nach meinen Unterlagen liegt die Sache so:

Der US-Ingenieur W. Wayne Neel und sein französischer Kollege Renaud Beffeyte bauten nach mittelalterlichen Zeichnungen zwei Schleudern originalgetreu nach - jede 30 Tonnen schwer.

Der Wurfarm war 14 m lang.
Für den Betrieb waren ca. 50 Männer notwendig. Nach deren Angaben waren die Geschosse ca. 125 kg schwer.

Der Bericht (http://www.blide-burg-lichtenberg.nickolai.de/) über einen anderen Nachbau berichtet folgendes:

"Die größten Bliden, mit einer Wurfarmlänge von ca. 20m und einem Gegengewicht von über 20t, konnten 300 – 400kg schwere Steinkugeln über 600m weit schleudern. Kaum eine Burgmauer hielt solch einem Beschuss stand. Die Zerstörungskraft dieser Belagerungsmaschine aus dem Mittelalter hatte so einen fürchterlichen Ruf, dass Burgbesatzungen schon aufgaben, wenn vor den Toren einer Burg diese Maschine nur aufgebaut wurde."

[n5]Trebuchet[/n5]

Militärischer Einsatz
"Die Maschine bestand fast vollständig aus Holz und war zerlegt auf Fuhrwerken transportabel. Auch der Neubau aus behauenen Baumstämmen vor Ort war mit einer Mannschaft von ca. einem Dutzend Holzfällern und Zimmerleuten in 2-3 Tagen möglich. Einige Trébuches waren mit Rädern ausgestattet, um das Justieren und Zielen zu erleichtern. Die Vorstellung von mobilen Trébuchets, die auf Rädern von Ort zu Ort manövriert wurden, ist falsch.

Für den Einsatz eines Trébuchet war ein ebener und fester Untergrund notwendig. Die Wurfweite wurde durch Verändern der Schlingenlänge und/oder des Gegengewichtes justiert. Durch den sehr langen Wurfarm konnte man zentnerschwere Steine bis zu 450 Meter weit schleudern. Für damalige Verhältnisse stellte das die größte Reichweite aller Wurf- und Schußwaffen dar. (Langbogen erreichten gezielt etwa 200 m).

Die Flugbahn des Geschosses eines Trébuchets ließ sich durch unterschiedliche Einstellung des Abwurfwinkels vorwählen. Für maximale Reichweite wählte man einen hohen Bogenwurf, für den größtmöglichen Schaden an Mauern eine flachere Flugbahn. So konnte auf Wehrgänge, Zinnen und Dächer einer belagerten Burg gezielt werden oder auf die Burgmauern. Historische Berichte, dass innerhalb von wenigen Tagen die Wehrhaftigkeit einer Feste durch den zeitgleichen Einsatz mehrerer solcher Waffen entscheidend beeinträchtigt wurde, sind glaubwürdig. Das Spannen und Laden eines Trébuchets mit 15 Tonnen Gegengewicht dauert mit vier Personen in der praktischen Rekonstruktion nur eine halbe Stunde.

Es wurden, wie mit anderen Wurfwaffen auch, oft auch zusätzlich Materialien wie z. B. Fäkalien oder Kadaver, Bienenstöcke oder lebende Gefangene in die feindlichen Festungen geschleudert, um den Gegner einzuschüchtern, Nahrungsvorräte belagerter Städte zu verunreinigen oder Krankheiten auf die belagerten Menschen zu übertragen.

Im Mittelmeerraum gab es diese Waffe (längs eingebaut) auch auf Schiffen, wobei das Gegengewicht durch eine Öffnung im Deck bis fast zum Kiel herunter schwang."

Hier noch ein anderer Bericht:

Blide-Trebuchet-Tribock.doc

Bruno von Merseburg Offline



Beiträge: 1.554

09.09.2008 19:37
#4 RE: Mittelalterliche Belagerungsmaschinen Antworten

Sehr schön, danke. Wenn man sich den Artikel von Herrn Strack durchliest, könnte man denken, das sich so eine Blide schnell und überall zusammenbauen lässt. Abgesehen davon, das man genügend Platz vor seinem haus oder Garten hat.

Ich finde es auch faszinierend, mit welcher "Mannschaft" man im Mittelalter losgezogen ist um Krieg zu führen. Wenn man sich den Text durchliest und dort steht

Zitat
Militärischer Einsatz
Auch der Neubau aus behauenen Baumstämmen vor Ort war mit einer Mannschaft von ca. einem Dutzend Holzfällern und Zimmerleuten in 2-3 Tagen möglich. Einige Trébuches waren mit Rädern ausgestattet, um das Justieren und Zielen zu erleichtern. Die Vorstellung von mobilen Trébuchets, die auf Rädern von Ort zu Ort manövriert wurden, ist falsch.

,dann war das mit sicherheit eine sehr kostspielige Sache. Die Leute wolten ihren Solt - oder war es Lohn? bekommen, essen wollten sie auch und dann auch noch motiviert werden. Dazu kommt ja auch das sie schnell agieren mussten. Stein rauf, abschiessen, Stein wieder runter. Was für eine Plaggerei muss das gewesen sein. Aber es ist ja gut zu wissen das...

Zitat
Die Zerstörungskraft dieser Belagerungsmaschine aus dem Mittelalter hatte so einen fürchterlichen Ruf, dass Burgbesatzungen schon aufgaben, wenn vor den Toren einer Burg diese Maschine nur aufgebaut wurde.

, damit war die Sache ja sicherlich schnell beendet.Dennoch muss es ja ein Schock für die Gegenseite gewesen sein, wenn sie sahen mit welchem Gerät der Feind da anrückt.

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